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Wie Gin zu einer Staatskrise geführt hat

Die nur wenig bekannte Gin-Krise (englisch Gin Craze) nahm in Großbritannien nach einer Erhöhung der Biersteuer im Jahre 1694 ihren Lauf. Gefördert durch die Industrialisierung und eine Modernisierung der Landwirtschaft, kam es im Lande zu einem dramatischen Überschuss an Weizen, der Bauern und Bürger zur Produktion von mehr oder minder hochwertigem Gin veranlasste. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde der billige Schnaps in jedem fünften Haus Londons gebrannt oder ausgeschenkt.

Die Folgen waren verheerend. Nicht nur Erwachsene konsumierten den hochprozentigen Gin, auch Jugendliche und sogar Kinder. Die Kindersterblichkeit stieg auf unglaubliche 75%. Gerade in den ärmeren Vierteln führte der hohe Konsum von Alkohol zu erheblichen sozialen Problemen. Der Konsum von Alkohol hatte sich in nur wenigen Jahren mehr als verzehnfacht. Aber nicht nur unter dem einfachen Volk war der Schnaps beliebt. Auch die feine Gesellschaft begann Gefallen am Genuss zu finden. Edlere Varianten wurden für die betuchten Kreise kreiert. Hochwertigere Marken schafften unter Königin Anne Stuart sogar ihren Einzug bis in den königlichen Palast.

Eindringliche Appelle, wie beispielsweise von dem Reformer Henry Fielding oder dem sozialkritischen Maler und Karikaturisten William Hogarth, blieben zunächst von der Regierung unbeachtet. Nach vier gescheiterten Versuchen in den Jahren 1729, 1736, 1743, und 1747 gelang es dem Parlament endlich im Jahre 1751 durch drastische Steuererhöhungen und strengen Schranklizenzen den Konsum einzuschränken.

Zwar war die Gin-Epidemie, die Großbritannien an den Rand einer Staatskrise geführt hatte, bewältigt, Gin ist und bleibt jedoch nicht nur bei den Briten ein beliebtes Getränk. Hochwertige Marken wie Tanqueray, Gordon’s oder Beefeater Gin haben ihren Siegeszug durch alle Kontinente geführt und sind aus den Bars dieser Welt nicht mehr wegzudenken… so auch unser Heckengäu Dry Gin oder Satoshi Gin von Satoshi Spirits🙂

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Die Geschichte des Gins

Der mild-aromatische Gin wird heute vor allem mit gepflegten Longdrinks und anderen Cocktails in Verbindung gebracht. Pur wird Gin dagegen kaum getrunken. Das war in früheren Zeiten völlig anders. Im 18. Jahrhundert hat millionenliterweise pur getrunkener, in der Regel minderwertiger „Madame Geneva“ zu Massenalkoholismus und sogar zu einer Staatskrise in Großbritannien geführt.

Der Ursprung des zeitweise diabolischen Getränks war durchaus menschenfreundlicher Natur. Der in den Niederlanden praktizierende Mediziner Francois de la Boe (Franzicus Sylvius van Leyden) hatte Mitte des 17. Jahrhunderts aus Kornbranntwein und Wacholderbeeren eine Arznei entwickelt, die gegen Magenbeschwerden helfen sollte. Der Arzt knüpfte an bereits seit dem Mittelalter bekannte Alkohol-Wacholder-Experimente an. Die nach der niederländischen Bezeichnung für Wacholder „Jenever“ genannte Innovation wurde rasch ein beliebtes Rauschgetränk zwischen Amsterdam und Antwerpen.

Englische Matrosen, machten den Schnaps, dessen aufgrund unzureichender Destillationstechniken damals üblicher Fuselgeschmack durch ausgesprochen kräftiges Wacholderaroma überdeckt war, in ihrer Heimat beliebt. Aus „Genever“ wurde „Geneva“ und schließlich „Gin“. Der gegenüber ausländischen Importen handelsrechtlich privilegierte, aus heimischen Getreide gebrannte und häufig mit Terpentin versetzte Gin war billig und wurde zum Rauschmittel Nr.1 für die britischen Unterklassen. Der massenhafte Alkoholmissbrauch führte zu anarchistischen Zuständen in Britanniens Städten und Dörfern („Gin Craze“). Erst ein Gesetz („Gin Act 1751“), das Gin-Brennen unter staatliche Aufsicht stellte und Qualitätsstandards vorschrieb, kanalisierte Gin-Produktion und –Verbrauch.

In den Folgejahrzehnten eroberte der qualitativ ständig verbesserte Gin die gehobenen Schichten. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde wurde der süßliche, heute kaum noch produzierte Old Tom Gin zum Modegetränk. Ende des Jahrhunderts setzte sich der zurückhaltend neben Wacholder je nach Sorte mit Zitrusauszügen, Koriander oder anderen Zutatenaromatisierte Gin-Typ des London Dry durch.

Da Gin relativ unkompliziert hergestellt werden kann, war er während der US-Prohibitionszeit (1920-1933)als Schwarzbrenner-Produkt und leicht zu verheimlichende Zutat von Mischdrinks weit verbreitet. Die damals in den USA begründete Beliebtheit hält bis heute an.